Unsere Stimme ist das Instrument, das wir immer dabei haben, und es ist das Instrument, das uns körperlich so nah ist wie kein anderes und so stark auf uns wirkt wie kein anderes. Unsere Stimme verrät viel über unsere Stimmung. Und wir können unsere Stimmung über unsere Stimme beeinflussen. Wer beispielsweise ein Baby auf dem Arm hält und versucht, es zu beruhigen, fängt fasst unwillkürlich an zu summen oder zu singen. Und wer gute Laune hat, wird vielleicht auch unter der Dusche oder im Auto laut singen.
Dabei ist unsere Stimme kein Organ, das wir bewusst ansteuern können. Erst, wenn verschiedene Muskeln und Körperteile zusammenspielen, erklingen sie als Ton. Dazu müssen wir Luft einatmen. Beim Ausatmen wird die Luft über den Kehlkopf nach draußen gepresst, dort trifft sie auf einen Widerstand – auf die Stimmlippen. Die Luft drückt nun die elastischen Stimmlippen auseinander.
Dieses Wechselspiel von Öffnen und Schließen der Stimmlippen erzeugt den Ton. Damit wir diesen überhaupt hören können, muss er durch die Resonanzräume in unserem Kopf verstärkt werden. Dazu gehören Mund- und Nasenhöhlen und auch der Rachenraum. Wenn wir mal schlecht drauf sind, lassen wir uns hängen. Unserem Körper fehlt es an Spannung, auch die Stimmlippen sind dann eher schlaff. Sie schließen sich langsamer und haben wenig Spannkraft. Und das kann man hören, die Stimme klingt leise und eher eintönig.
Ganz anders, wenn wir guter Laune und voller Tatendrang sind. Dann hat unser Körper eine positive Grundspannung, wir atmen tief ein und aus, sodass viel Druck auf den Stimmlippen ist: Die Stimme klingt höher, die Töne sind deutlich, klar und lauter.
Warum ist es nun so einfach, den eigenen inneren Zustand durch Singen oder Tönen zu regulieren?
Weil das Ganze auch umgekehrt funktioniert.
Wer gerade keinen so guten Tag hatte und tönt oder singt, entlädt dabei seine schlechte Stimmung. Er aktiviert aber auch seine Stimmlippen und das geht nur, indem auch Faszien und Muskeln aktiviert werden Man fühlt sich wacher und ist mehr da.
Und wer tagsüber viel Stress hatte und sehr angespannt ist, findet über die Stimme ein Ventil, um diese Überspannung auszudrücken. Die Stimmlippen bekommen wieder mehr Spielraum und können frei schwingen. Auch das wirkt sich natürlich auf Faszien, Bänder und Muskeln aus. Manche fühlen sich danach aktiviert, andere angenehm entspannt.
Du bist neugierig und möchtest es ausprobieren?
Übung:
1. Sorge dafür, dass du für ca. 10 Minuten ungestört bist.
2. Erlaube dir mit einigen Atemzügen, ganz bei dir anzukommen, verbinde dich über deinen Atem mit deinem Herzen, so dass du dich dir freundlich und achtsam zuwendest, ohne dich zu bewerten.
3. Kläre deine Absicht, zb.: deine Anspannung über deine Stimme ausdrücken. Oder deinen Ärger.
4. Schließe deine Augen und erlaube dir, Töne aufsteigen zu lassen. Bewerte sie nicht, baue keinen Druck auf, lasse einfach geschehen. Erlaube deiner Kehle offen zu bleiben, so wie beim Gähnen. Du musst nichts wissen oder können, es genügt die Absicht. Drücke deinen momentanen inneren Zustand aus. Lass dich überraschen, welche Töne entstehen.
5. Spüre nach. Wie geht es dir jetzt? Kannst du eine Veränderung wahrnehmen? Wo im Körper spürst du dich vielleicht anders als vorher?
6. Was brauchst du jetzt? Was könnte dir jetzt gut tun? Denke an einen der schönen Momente in deinem Leben, an dem es dir richtig gut ging. Falls dir nichts einfällt, lade dir eine Qualität ein : Leichtigkeit, Dankbarkeit, Freude, Zufriedenheit. Schließe erneut die Augen, denke an deinen schönen Moment oder an die Qualität und dann erlaube, dass Töne in dir aufsteigen. Traue deiner Intuition. Töne so lange wie es dir gut tut und bade in deinen eigenen Klängen.
7. Spüre nach wie es sich jetzt in dir anfühlt? Kannst du eine Veränderung wahrnehmen? Wo genau ist diese? Vielleicht kannst du wahrnehmen, dass du jetzt viel mehr da bist.
8. Spüre, was du jetzt brauchst, vielleicht magst du noch verweilen, oder meditieren oder einfach liegen und nachspüren. Folge deinem Impuls.