Ungefähr vier Wochen leben wir jetzt schon unter diesen ungewöhnlichen Bedingungen. Wie es uns damit geht, das hat nicht nur mit äußeren Faktoren zu tun. Ich kenne Selbstständige, denen alle Aufträge weggebrochen sind. Sie wissen nicht, wie es finanziell für sie weiter geht. Einige von ihnen sind für mich ein lebendiges Beispiel für Resilienz, denn es gelingt ihnen, sich nicht in den Sorgen und Existenzängsten zu verfangen, sondern im Hier und Jetzt zu leben. Sie haben die große Gabe, sich auf die Fülle zu fokussieren, die ja in anderen Bereichen ihres Lebens auf immer noch da ist. Sie haben offenbar viel Zugang zu ihrer Resilienz.
"Was resiliente Individuen charakterisiert, sind aber normale menschliche Eigenschaften, wie die Fähigkeiten zu denken, zu lachen, zu hoffen, dem Leben einen Sinn zu geben, zu handeln oder das eigene Verhalten zu unterbrechen, um Hilfe zu bitten und diese zu akzeptieren, auf Gelegenheiten zu reagieren oder Erfahrungen und Beziehungen zu suchen, die für die Entwicklung gesund sind" schreibt Anne Masten, eine der sehr bekannten Resilienz-Forscherinnen. "Resiliente Menschen haben oft so etwas wie eine innere Amme, einen gütigen inneren Menschen, der sie nährt und bei dem sie sich geborgen fühlen".
Was aber tun, wenn das einem nicht so leicht fällt und die Angst doch zupackt und die Kehle zuschnürt?
Dazu möchte ich eine kleine, wirkungsvolle Übung weitergeben. Wenn Sie die Übung mitmachen wollen, brauchen Sie zwei Blätter Papier, einen Stift und ein bisschen Platz auf dem Boden.
Nehmen Sie wahr, wo im Körper Angst spürbar ist und bestimmen Sie auf einer Skala von 0=keine Angst und 10=unbändige Angst wie stark das Gefühl gerade ist. Schreiben Sie die Zahl auf eines der Blätter, legen Sie es auf den Boden und stellen Sie sich mit beiden Füßen darauf. Nehmen Sie wahr, was Sie fühlen ohne es zu bewerten. Wie ist die Angst? Ist das eine Schwere, wird es weich in den Knien? Zieht es runter zum Boden, ist der Hals wie zugeschnürt?
Sagen Sie der Angst (oder dem Gefühl), dass Sie gleich wiederkommen, aber jetzt erstmal eine kurze Pause machen.
Machen Sie einen Schritt zur Seite, schütteln Sie sich kräftig von Kopf bis Fuß und bereiten Sie ein weiteres Blatt Papier vor. Darauf schreiben Sie das Wort "meine Ressourcen". Damit sind alle Situationen in Ihrem Leben gemeint, in denen es Ihnen etwas gelungen ist. Das können große private oder berufliche Ereignisse sein, aber auch ein lecker gekochtes Essen, ein selbst gebackener Kuchen, eine wunderschöne Wanderung, selbst gezogenes Gemüse aus dem eigenen Garten....Stellen Sie sich mit beiden Füßen auf das Blatt. Dabei muss Ihnen nichts einfallen, es reicht, zu denken "meine Ressourcen". Vielleicht können Sie im Körper einen Bereich wahrnehmen ,wo Sie diese Ressourcen fühlen. Wie fühlt es sich an, hier zu stehen und immer wieder "meine Ressourcen" zu denken und so gut es geht zu fühlen. Wahrscheinlich merken Sie, dass Ihre Wahrnehmung sich verändert. Manchen wird es warm, andere empfinden ein Kribbeln oder Helligkeit. Erlauben Sie sich, dieses Empfinden immer mehr einzuatmen. Denken Sie weiter "meine Ressourcen". Erlauben Sie sich, mit jedem Atemzug "meine Ressourcen" in sich hinein zu atmen. Vielleicht können Sie wahrnehmen, dass Ihr Körper sich dabei mehr und mehr entspannt.
Machen Sie einen Schritt zur Seite und legen Sie beide Blätter so nebeneinander, dass Sie nur einen kleinen Schritt entfernt sind. Gehen Sie nun schnell von einem zum anderen, wenn Ihr Körper es erlaubt, hüpfen Sie zwischen beiden hin und her. Mal springen sie auf die Angst (oder das Gefühl), mal auf die Ressourcen. Wer gerne mit der Stimme arbeitet und vielleicht schon bei mir im Tönen war, nimmt gerne noch die Stimme dazu. Springen Sie ungefähr fünf bis achtmal hin und her.
Halten Sie inne, spüren Sie nach. Wie stehen Sie jetzt auf Ihren Füßen? Was nehmen Sie jetzt wahr? Wie nehmen Sie das anfängliche Gefühl jetzt wahr? 0=nicht vorhanden, 10=ganz stark.
Zum Abschluss legen Sie beide Blätter übereinander und stellen sich noch einmal mit beiden Füßen darauf. Lassen Sie sich Zeit, hier anzukommen. Was nehmen Sie jetzt wahr? Vielleicht kommt Ihnen ein Satz, eine Farbe, ein Ton, ein Symbol? Lassen Sie sich überraschen....
Wenn es möglich ist, gehen Sie ein paar Schritte oder machen Sie einen kleinen Spaziergang. Erlauben Sie sich wahrzunehmen, was sich verändert hat.....
Ich bin gespannt zu hören, wie diese Übung gewirkt hat und freue mich auf Rückmeldungen. Und wer das nicht alles lesen möchte - einfach mal samstags in meine Meditationen reinhören, da geht es immer um ähnliche Themen.