Diese Frage stellen Klient*innen, die noch nie an einer Familien- oder Systemaufstellung teilgenommen haben, mir recht häufig. Und ich mag solche Fragen sehr, denn sie holen einen nochmal dahin zurück, wo alles mal begonnen hat, auch für mich, die sich schon seit Jahrzehnten mit Aufstellungsarbeit beschäftigt.
Selbst aufstellen oder Stellvertreter*in sein
Für eine Aufstellung in einer Gruppe kommen derzeit bei mir sechs bis zehn Menschen zusammen. Drei bis vier haben ein Anliegen, für das sie mit Hilfe einer Aufstellung eine Lösung finden möchten. Mit denen habe ich ein paar Tage vorher ausführlich gesprochen und geklärt, worum es gehen soll. Die anderen sind als Teilnehmer*innen dabei und stehen in Absprache als Stellvertreter*innen zur Verfügung.
Vor jeder Aufstellung kläre ich nochmals das Anliegen und den Auftrag, also die Frage, worum es in der Aufstellung gehen soll und welches Ergebnis für den Klient*in hilfreich wäre. Dann entscheiden wir, welche Personen dazu aufgestellt werden müssen.
Der/die Aufstellende wählt aus dem Kreis der Teilnehmer*innen Stellvertreter*innen für sich und die anderen Positionen und führt diese aus dem Gefühl heraus an einen Platz in dem Raum. Dann zieht sich der/die Aufstellende aus dem Geschehen zurück und schaut sich das Ganze von außen an.
Die Stellvertreter*innen entwickeln unter meiner Anleitung und geführt durch Fragen über mehrere Schritte hinweg eine Lösung. Dass diese gefunden ist, merkt man daran, dass sich alle im Feld gut fühlen und "ihren Platz" gefunden haben, an dem sie entspannt stehen können. Erst dann steigt der/die Aufstellende wieder ein und nimmt die Lösung in sich auf.
Klingt vielleicht erstmal komisch, ist aber ein ganz natürlicher Prozess, der allerdings noch nicht bis ins Detail erforscht ist. Es hat vermutlich aber viel mit unseren Spiegelneuronen zu tun und das Geschehen folgt einer nachvollziehbaren Systematik. Vieles erkläre ich während der Aufstellung oder danach. Denn mir ist es wichtig, dass sowohl der/die Aufstellende als auch die Teilnehmer *innen nachvollziehen können, was da passiert.
So eine Stellvertretung übernehmen kann übrigens jeder Mensch, der psychisch gesund und in der Lage ist, sich empathisch in andere hineinzuversetzen. Man braucht dafür keine besonderen Fähigkeiten oder Kenntnisse. Viele sagen sogar, dass für sie das Erleben in der Rolle als Stellvertreter*in sogar intensiver ist als wenn sie selbst aufstellen. Die meisten nehmen aus einer Stellvertretung viel für sich selbst mit. Ich empfehle grundsätzlich, erstmal als Stellvertreter*in teilzunehmen, um mich und die Arbeit besser kennenzulernen.